Über die Entstehung, die Entwicklung und das Angebot
des Vereins hebamme-zentralschweiz.ch

Die Versorgungskette im ambulanten Wochenbett verändert sich

Mütter und Neugeborene sind in der sensiblen Phase der Wochenbettzeit zu Hause auf Pflege und Betreuung von Hebammen angewiesen.  Durch die verkürzte Spitalzeit aufgrund der Fallpauschalen (Swiss DRG) beginnt diese Betreuungszeit immer früher. Auch der Start als Familie ist eine Herausforderung; Beratung und Begleitung sind wichtig. Die Hebammen übernehmen eine wichtige Funktion in der spitalexternen Versorgungskette. Ihre Arbeit wirkt sich auf Gesundheit und psychisches Wohlbefinden von Mutter und Kind aus, so dass Notfälle und Wiedereintritte ins Spital minimiert werden können.
Die Verschiebung der Wochenbettphase vom Spital in den ambulanten Bereich hat eine längere und komplexere Betreuungsphase zur Folge.
Diese Arbeitszunahme verteilt sich auf die freipraktizierenden Hebammen, deren Zahl nicht entsprechend dem Bedarf gestiegen ist.
Seit Jahren bemühen sich die Hebammen, dass jede Familie nach der Geburt eine optimale Wochenbettbetreuung bekommt. Viele Familien kümmern sich selbständig darum und suchen sich frühzeitig eine Hebamme. Es bleibt jedoch eine grosse Zahl, die nach der Geburt noch keine Hebammenbetreuung für zu Hause organisiert hat.
Eine Gruppe engagierter Hebammen des Vereins Hebammenzentrale Zentralschweiz leistete bis Ende 2019 auf ehrenamtlicher Basis einen Vermittlungsdienst. Kurzfristig vermittelten sie Hebammen an Wöchnerinnen und entlasteten so das Spitalpersonal bei der Suche nach einer Hebamme. Diese unbezahlte Arbeit war durch die Strukturänderungen im Gesundheitswesen nicht mehr zeitgemäss und stand in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Leistungen der Hebammen in der Versorgungskette.

 

Der Weg von der Hebammenzentrale zu hebamme-zentralschweiz.ch

Aufgrund der veränderten Anforderungen und der nötigen Neuorientierung wurde im Rahmen eines Projektes die Neugestaltung der Hebammenzentrale in das Nachfolgemodell hebamme-zentralschweiz.ch erarbeitet. Vorgängige Versuche ein neues Modell umzusetzen, scheiterten jedes Mal an der Finanzierung.
Im November 2017 formierte sich eine Arbeitsgruppe von freipraktizierenden Hebammen des Kantons Luzern, um die Neuorganisation des veralteten Models der Hebammenzentrale Zentralschweiz in Angriff zu nehmen. Zu Beginn wurde eine professionelle Projektbegleitung beigezogen, die den Prozess zügig vorantrieb. Die Erfahrungen von ähnlichen Organisationen dienten der Orientierung. Grosse Unterstützung beim ganzen Prozess erbrachte Familystart Zürich, die einen transparenten Einblick in ihre Organisation gab und unentgeltlich Beratung anbot. Die Arbeitsgruppe arbeitete primär daran, die richtigen Ansprechpersonen im Kanton Luzern zu finden. Es wurden Gespräche mit zuständigen Personen der Spitäler, des Kantons, der Gemeinden und Institutionen geführt. Gleichzeitig entstand ein Projektbeschrieb, der Mitte 2019 fertig gestellt war. Die Zuständigkeit der Finanzierung der Hebammen-Vermittlungsplattform wurde anfangs hin und her geschoben. Weder die Spitäler noch der Kanton und die Gemeinden sahen sich in der Pflicht, obwohl niemand das Angebot der Hebammenvermittlung und die Sinnhaftigkeit der Wochenbettbetreuung in Frage stellte. Mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit und guten Kontakten zu Politiker*innen konnte schliesslich das Thema im Luzerner Kantonsrat platziert werden. Die Möglichkeit der Mitfinanzierung von gesundheitsfördernden Projekten wurde nach einiger Lobbyarbeit ins Gesundheitsgesetz (ab 1.1.21) aufgenommen. Unsere Plattform wurde dabei explizit erwähnt.
Dank der grosszügigen Anschubfinanzierung durch den Lotteriefond und der Albert Köchlin Stiftung und den Unterstützungsbeiträgen der Klinik St. Anna und dem Geburtshaus Terra Alta konnte das Pilotjahr 2020 gestartet werden.
2022 übernahm der Kanton Luzern 80% der Kosten. Die übrigen 20% der Kosten wurden über Mitgliederbeiträge und Sponsoring finanziert. Damit wurde das lange angestrebte Finanzierungsmodell umgesetzt.
Ab 2023 ist das Angebot für alle Familien im Kanton Nidwalden zugänglich indem die Nidwaldner Hebammen und der Kanton Nidwalden die Vermittlungsplattform mittragen. Viele Nidwaldner Hebammen haben den Verein seit Beginn unterstützt und waren schon bei der Vereinsgründung anwesend. Wir freuen uns sehr, das Angebot ausweiten zu dürfen.
Ab 2023 teilen sich die Kantone Luzern und Nidwalden die 80% der Kosten, welche von der öffentlichen Hand getragen werden.

 

Das neue Angebot

Ein professionalisiertes Organisationsmodell, das auf eine Weblösung mit Online-Anmeldung sowie eine WebApp für die Hebammen abstützt, macht die Vermittlung und Einsatzplanung der freipraktizierenden Hebammen einfacher, effizienter und kundenfreundlicher. Mit der niederschwelligen Online-Anmeldung sollen alle Zielgruppen besser erreicht werden:

  • Die Frauen direkt – vor und nach der Geburt ihres Kindes
  • Das Pflegepersonal in Spitälern, Ärzte und Ärztinnen, Kliniken und Geburtshäuser – bei der Sensibilisierung und Unterstützung bei der Hebammensuche

Die Vermittlungsarbeit wird bezahlt. Die Vereinsarbeit des Vorstandes wird mit einem entsprechenden Beitrag entgolten.

 

Frühe Förderung durch die optimale Betreuung ab Geburt

Sinnhaftigkeit der Hebammenvermittlung:

  • Die gesamten Dienstleitungen der Hebammen sind ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Grundversorgung im Kanton Luzern.
  • Sie tragen dazu bei, den Artikel 117a in der Bundesverfassung umzusetzen, wonach Bund und Kantone verpflichtet sind, für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität zu sorgen.
  • Sie sind wegbereitend für die Frühförderung aller Kinder.

 

Die koordinierte Hebammenvermittlung bringt viele Vorteile:

Wichtiger Beitrag im Gesundheitswesen
Eine gute Versorgung und Begleitung beim Familienstart wirken präventiv. Der Fokus auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Mutter und Kind trägt nachweislich zur frühen Förderung des Kindes bei.

Sozialer Mehrwert für das Gemeinwesen
Die gute Versorgung im Wochenbett zu Hause und die Begleitung beim Familienstart fangen viele gesundheitliche und soziale Probleme auf und tragen zur gesellschaftlichen Integration bei.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Eine koordinierte, nahtlose Versorgung steigert die Qualität der Pflege und Betreuung und vermindert das Risiko von notfallmässigen Wiedereintritten ins Spital.

Zugang für alle Zielgruppen zum Dienstleistungsangebot
Auch Frauen mit erschwertem Zugang zum Angebot – zum Beispiel aufgrund sprachlicher, sozialer, psychischer Probleme – können besser erreicht werden.

Zeitliche und finanzielle Entlastung von Spitälern und dem Pflegepersonal
Die Online-Anmeldung funktioniert unkompliziert und rasch. Das schont die personellen Ressourcen, gibt Sicherheit für eine nahtlose Weiterbetreuung und kostet weniger.

Koordinierte und professionelle Vermittlung
Die Suche nach einer freipraktizierenden Hebamme in der Region wird einfacher und gezielter.

Garantierte Qualität und Sicherheit
Eine Vermittlungsplattform sorgt jederzeit für eine lückenlose und gute Betreuung in der spitalexternen Versorgungskette für die Wochenbettzeit zu Hause.

Attraktives Netzwerk für die freipraktizierenden Hebammen
Eine koordinierte Einsatzplanung macht den Beruf der freipraktizierenden Hebamme attraktiver und wirkt dem Mangel an Pflegefachkräften entgegen.

Ausblick

Der Verein hebamme-zentralschweiz.ch arbeitet daran, das Angebot der ganzen Zentralschweiz zugänglich zu machen.